Im Jahre 1303 zum Geburtstage Johannes dem Täufer, am 24. Juni, in der Verkaufsurkunde, wurde Warkstorf nachweislich erstmalig genannt.[Warickesdorpe] Mecklenburgisches Urkundenbuch Nr. 2873. Der ältere Namenszug deutet auf einen Personennamen. Den Ortsnamen gibt es nur einmal in Deutschland. 1306 Waresdorpe. Bedeutung: vranu (altslaw.)= schwarz, Rabe bzw. vrana=Krähe. Dorf des Varik.

Diesen Text zu schreiben, war erst möglich, als der Urkundentext aus dem Latein von
1303 in das Deutsch von 2003 übertragen vorlag. Dies geschah in Kooperation mit den Herren Prof. Dr. Martin Ahn (Hochschule Wismar), Reinhard Milde und Siegfried Liesenberg, letztere beide aus dem Rheinland.

Denn seit dem Westfälischen Frieden
(1648) gehörten etliche Dörfer hier in der Gegend, auch Warkstorf, zur schwedischen Krone. Wie unheimlich gross muss damals die Aufbruchstimmung gewesen sein?! Go Ost, go Ost sagten sich die Menschen im Rheinland und Niedersachsen und brachten die Plattdeutsche Sprache mit. Denn in den Landen westlich der Elbe herrschte Überbevölkerung. Man litt an physischem Hunger.

Der Vertrag wurde, zeitgemäss, im Namen des Herren (Gottes) vom Vertragsausführenden eingeleitet. In diesem Fall musste er auch um die Erlaubnis seiner Mutter bitten. Der Vater, Herzog Heinrich I. von Mecklenburg, hatte sich für 15 Jahre auf eine Pilgerreise nach Jerusalem begeben.

In den Jahren danach, bis
1342, kam es mindestens zu 13 Verkäufen. Meist blieb das Dorf in kirchlicher Hand, bis in unsere Zeit (1945) hinein. 1327 stiftete der Klerus für die Haltung des Festes Conceptiones Mariae (Mariä Empfängnis), in den Dörfern Warickesdorpe und Rosenow, jährlich einen mittleren Geldbetrag. Zu Anfang der Reformation Luthers versuchte der Landesherr sich auch am kirchlichen Besitz gutzutun. Aber von diesem Dorf ließ er alsbald wieder ab.

Schlimm für die Menschen war die Zeit des 30-jährigen Krieges (1618-1648), der sich im Sommer
1627 in Wismars Umgebung einnistete. Was auch immer mit einer Verwüstung der umliegenden Ortschaften einher ging.
Nach dem grossen Krieg erwachte die Gier erneut. So ging es oft hin und her. Im Ort selber konnte sich kein Wohlstand etablieren. Wer gedenkt schon für einen unbekannten Pachtnachfolger einen Prachtbau hinzusetzen. Noch bedrückender für die Katen. Aus späteren Aufzeichnungen geht eine Pachtlaufzeit von 21 Jahren hervor. Man sieht es besonders jetzt an dem heute ältesten Gebäude (Baujahr 1695), da das zerfallene Wohnhaus (Gutsherrenhaus) seine Bausubstanz freilegt.

1769 stritt der amtierende Pächter Georg Hinrich Göttmann vor das schwedische Tribunal mit einem Viehhändler aus Braunschweig um die Bezahlung von 20 Kühen. Man beachte für die damaligen Wegeverhältnisse die recht grosse Entfernung.
Eine etwas andere Wirtschaftsart scheint auf Gut Warkstorf ab dem Jahr
1809 mit dem erst 27-jährigen Pächter Ludwig Georg Unruh in Gang zu kommen. Es scheint, er war ein hellwaches Bürschlein.
Der höheren Erträge wegen entwässerte der Besitzer von Gut Schmakenthin einen Bruch auf Warkstorfer Gebiet. Es kam zum Vergleich, nach dem Schmakenthin einen Geldbetrag als Schadensbegleichung jährlich zu zahlen hatte und mit Leuteeinsatz zu festgelegten Jahreszeiten die Gräben auf Warkstorfer Feldmark vom Grienen (Teich) durch den grossen Dampel (Teich) bis zu einem weiteren Teich, die Marsch genannt, zu reinigen hatte.

Ich habe mich schon immer gefragt, warum es zwischen Warkstorf und Schmakentin keinen befestigten Weg gibt und warum dieser jetzt so krumm ist? Sollte sich dieser schlitzohrige Vergleich aus den 30er und 40er Jahren des 19.Jh. bis in das Jahr 2003 bemerkbar machen? 

1832 gelingt es Ludwig Unruh mit raffinierter Ersteigerungstaktik und diplomatischem Geschick aus der Zeitpacht eine Erbpacht zu machen. Seine Nachkommen haben dadurch mehr als 110 Jahre Lebenssicherheit gewonnen, bis 1945.

1845 soll die Chaussee, die spätere B105, bis nach Kröpelin gebaut werden. Die Warkstorfer Feldmark wird zerschnitten und etliche Quadratruten fruchtbaren Ackerlandes werden der neuen Zeit sprichwörtlich vor die Füsse gelegt.

Die Familie Unruh entstammt einer alten mitteldeutschen (Eilenburg) Patrizier- und Gelehrtenfamilie, deren einer Zweig erst Anfang des 19. Jh. In Mecklenburg ansässig wurde. Das Familienwappen, mit zwei Mohrenköpfen, kann man in einer Fenster der Goldebeer Kirche finden.

1851 mit 69 Jahren stirbt Ludwig Georg Unruh. Seine Frau, Dorothea, zieht in die Stadt und folgt ihm 18 Jahre später. Sie war 12 Jahre jünger und zog sieben Kinder auf. Ihre letzte Ruhestätte fanden diese beiden fleissigen Bauersleute auf dem Friedhof zu Goldebee direkt vor dem Kircheingang.
Von zwei Kinder dieser Ehe soll weiter berichtet werden, die hier Geschichte machten.
Friedrich Wilhelm Gustav Burchard Unruh
*1821; übernimmt 1853 Gut Warkstorf laut testamentarischer Auflage seines Vaters, Ludwig Gregor, für den Preis von 74 000 Mark Florentiner Gold.
Die Landwirtschaft nimmt den von Wind und Wetter beeinflussten und durch den heranwachsenden Kapitalismus geprägten Lauf. Natürlich kommen in der Landwirtschaft auch die neuen technischen und wissenschaftlichen Gedanken hinzu.

1887 ist die Einweihung der Bahnlinie: Wismar, Neukloster, Sternberg, Goldberg, Karow. Karow wird zum riesigen Knotenpunkt ausgebaut, für Züge aus fünf Richtungen. Eine Investition in die Zukunft: würden wir heute sagen, die leider so nicht eintraf. Aber die westliche Feldmark Warkstorf wird von der neuen Technik das zweite mal zerschnitten. Warstorf erhält dafür einen Bahnhof mit Verladeweiche. Ein wirtschaftlich nicht zu unterschätzender Fakt. 

Auf der Feldmark Rüggow wird der aus Hohenstadt/Mosbach (Baden-Württemberg) kommende und auf Gut Warkstorf angestellte Steinschläger, Johann Volp, von Kritzowburger Knechten fast zum Krüppel zusammengeschlagen. Weil er völlig mittellos ist, und nicht mehr arbeiten kann, wird er nach Güstrow ins Landarbeiterhaus gebracht. Das war im November
1891. Diese hässliche Geschichte wurde noch nach 60 Jahren auf den Feldern von Zeitzeugen aufgewärmt.

Nach 44 Jahren,
1897, wieder im Juni wird die Leitung des Gutes dem Sohn, Friedrich Franz Theodor Heinrich Unruh *1867, übertragen.

Die neue Zeit geht wirklich nicht spurlos an dem etwa 80-Leutedorf vorüber. Am 7. August
1920 gibt der Arbeiter, Heinrich Roggentin, einen Zustandsbericht von den Wohnverhältnissen der Tagelöhner. Als ich 1951, im Kindesalter, von einem Alteingesessenen Sagen und Geschichten hörte, fiel das Wort von „e Häunerwim in de Kök“. Das wollte ich einfach nicht glauben. Der mutige Mann, Heinrich Roggentin, brachte den Warstorfer Leuten nicht nur die quer zu den Katen stehenden Privatställe, sondern auch grössere Fenster in die Wohnstuben der Katen, statt der 45 x 55 cm „grossen“ Lüftungsklappen.


Am 16. Oktober 1921 beantwortet Gutsbesitzer Unruh einen Brief der Seestadt Wismar bezüglich der Übernahme einer Feuerspritze nebst Schläuchen und Kupplungen. Er bestätigt den Kauf derselben zum Preis von 3380 Mark auf Grundlage des Gutachtens von Hafeningenieur Kiesewetter.

In den Jahren der Inflationszeit (
1923) kam das ca. 360 ha Gut kräftig ins schlingern. Die Pacht (der Kanon) an die Geistlichen Hebungen (Kirchen der Stadt Wismar) konnte mehrere Jahre nicht bezahlt werden. Da witterten vor allem Anwälte ihre Stunde des Geldverdienens. Der Streit mit Gutachterberichten für und gegen Unruh-Warkstorf, z.B. Gutachter aus Berlin, die von den hiesigen Begebenheiten viel zu weit entfernt waren, aber sehr viel von Bürokratie verstanden. Der Strei dauerte weniger als 10 Jahre. Ein guter Gutachter war Prof. Lembke aus Malchow (Poel).

Am 11. Juli 1927 folgte das nächste Unheil. Der gesamte Hof brannte durch Blitzschlag oder Heuselbstentzündung nieder. Sechs Wirtschaftsgebäude insgesamt. In Aller Eile wurden 1927 noch zwei in dieser Gegend einmalige Ställe mit beachtlichem Bergeraum von 15 x 50 Metern in Massivbauweise errichtet. Noch nie wollten auf einem dieser Ställe Störche ihre Jungen groß ziehen. Nach eingehender Beklapperung der Ortslage zogen beide von dannen. Letzmalig zum Ende der 1980er Jahre.

Was so alles nach
1945 in Warkstorf geschah, darüber sollen nicht viele Worte fallen, weil jeder seine eigene Sicht der Dinge hat. Mögen die Alten den Kindern und Enkeln statt Fernsehen und langer Weile ein paar schöne, lebendige Minuten bereit halten.

Die alteingesessenen Dorfbewohner waren dem Gutsbesitzer wohlgesonnen. Er war reium bei seinen ehemaligen Tagelöhnern zum Mittagstisch geladen. Unter den Umsiedlern sollen jedoch einige gewesen sein, die gleich nach 1945 nicht immer die feinsten Manieren an den Tag zu legen pflegten.
1950 im Februar verstarb der letzte Fritz Unruh, nach dem er im Gutspark über einen Ast stolpernd, sich einen Oberschenkelhalsbruch zuzog, im Krankenhaus seines Vetters. Seine Ehefrau Johanna wurde 1945 in Wismar von einem Russen erschossen. Sie fanden beide ihre letzte Ruhestätte auf dem Friedhof zu Goldebee. Vielleicht findet sich das schlichte Eichenholzkreuz wieder an.

Ein Kuriosum aus Warkstorfer Geschichte, fast vergessen: Ein Ziegelbrennmeister versuchte sich 1951 mit seinem Gehilfen in der Herstellung von Normalziegeln für den Bau von Siedlerhäusern. War der Lehm untauglich oder die Briketthitze zu gering? Von uns Kindern in die Pfützen gelegte "Ziegelsteine", um trocken in den Katen zu kommen, hielten nicht einmal von Oktober bis Weihnachten. Der Brennmeister samt Leute wurde täglich von Haus zu Haus zum Mittagessen befördert. Man lachte schon, bevor die erste Hitze im Ofen war.


Die Einwohnerzahl hielt sich meistens so um die 100 Personen. 1939 waren es 102. Heute zum Zähltag (25.04.2003) sind es 106 (50 weiblich und 56 männlich). Nach eigener Zählung von 1974, als die LPG blühte, hatte Warkstorf 144 Einwohner. Dem anderen für die Region beachtenswerten Kind der Dorothea Unruh zugewandt, so folgen wir dem Heinrich Unruh (*1827), der mit seiner Marie Richter aus Neukloster verheiratet, in der nähe von Hagenow auf einem Gut Pächter wurde. Sie sorgten beide für ordentlich Nachwuchs. Ein Sohn aus dieser Ehe und Enkel des Ludwig Georg Unruh, der Geheime Medizinalrat Dr. Hugo Unruh (1854-1923), schaffte sich 1909 mit dem Bau des Städtischen Krankenhauses am Dahlberg in Wismar eine bleibende Erinnerung. Eine Strasse in Wismar erhielt ihm zu Ehren den Namen: Dr-Unruh-Strasse.

(in memoriam Hartmut Berger)


2007  Die Gemeinde hat ihren Anteil am Gutshaus Warkstorf an einen privaten Interessenten verkauft. Die zweite Hälfte des Gutshauses ist im Besitz einer Erbengemeinschaft (OZ v. 08.12.07)


2013   am 12. Oktober feiern die Bewohner von Warkstorf das 710-jährige Dorfjubiläum. In kleinem Kreise auf der Wiese von Stefan Klüssendorf wird bei Speis und Trank der alten Zeiten gedacht.

Die große Scheune in Warkstorf gehört zu ehemals zwei dieser Bauwerke. Erbaut im Jahre 1927 im Auftrag des Gutsherren Fritz Unruh (1821-1900). Das Bauwerk wurde von dem Kieler Architekten Ernst Prinz (1878-1974) entworfen. E.Prinz war als Dipl.-Ing. Mitglied im BDA. Sein Markenzeichen ist noch heute am Bauwerk zu betrachten. Zwei glasierte Mauersteine mit dem Namen des Architekten aus Kiel und dem Hinweis auf die Mitgleidschaft im BDA.


Zu den Wirtschaftsgebäuden ostelbischer Adelsgüter nach 1900 gehört auch die 54 x 20 Meter große Scheune (Rauminhalt 8.758 cbm) von Goldebee. Eine Scheune zu bauen war nichts ungewöhnliches, wohl aber die Errichtung einer solchen nach dem System Müller-Prüß Typ C3 (Jahrhundertwende bis 1930). Den Kauf einer solchen Scheune überlegte sich der Besitzer zweimal, den sie waren allesamt Sonderanfertigungen und entsprechend teuer. Materialien zur Geschichte des ostelbischen Adels sind seit dem Ende des zweiten Weltkrieges durch die Verluste an Archivmaterial, privaten Photographien und Unterlagen recht selten geworden. Das "System Müller-Prüß" stellte einerzeit um 1900 eine moderne Bauweise in den Mittelpunkt der Überlegungen, da für große Scheunen und Lagerhallen eine spezielle Statik erforderlich war. Entsprechend der hohen Qualität trat die Müller-Prüß-Scheune bald ihren Siegeszug auf den großen Gütern an, die zur Bergung der Ernten Scheunen von großen Ausmaßen benötigten.

In einer wertvollen Karteikartensammlung eines im landwirtschaftlichen Bereichs tätigen Architekten, wurden 158 photografische Aufnahmen dieser Objekte zusammengestellt. Leider wurde diese Sammlung 1998 von einem Antiquariat in Süddeutschland einzeln veräußert und damit in alle Richtungen verstreut.

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